Nach den verheerenden Starkregenereignissen in Luxemburg aus den Jahren 2016 und 2018, veröffentlicht das Wasserwirtschaftsverwaltung (AGE) nun Starkregengefahren- und Risikokarten, die den Gemeinden helfen sollen, die Gefahren und Risiken von solchen Ereignissen zu erkennen und zu reduzieren. Die Karten sind ab heute über das Geoportal abrufbar (Thema Wasser – Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie - Starkregen).
„Seit 2017 hat das Wasserwirtschaftsamt mehrere Maßnahmen umgesetzt, sowie einige langfristige Projekte eingeleitet. Eines dieser Projekte ist die Umsetzung einer nationalen Starkregenrisikomanagementstrategie, welche ein Dokument zur bestmöglichen Bewältigung und dem nachhaltigen Umgang mit dem Risiko erstellen soll“, erklärt Christine Bastian, Leiterin der Abteilung Hydrologie bei der Wasserwirtschaftsverwaltung. Die Starkregenrisikomanagementstrategie wird als Teil des 2. Hochwasserrisikomanagementplans im Juni 2021 veröffentlicht werden.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Risikomanagementstrategie ist die Erstellung von starkregenrelevanten Datensätzen. „Diese Datensätze sollen jeder Gemeinde die Werkzeuge und Möglichkeit bieten, mit einfachen Mitteln ihr Starkregenrisiko selbst einschätzen zu können, etwaigen Handlungsbedarf zu erkennen und Starkregenvorsorge zu planen“, unterstreicht Claude Meisch, zuständig für den Bereich Starkregen bei der Wasserwirtschaftsverwaltung. Ein sehr zentrales Element hierbei sind die Starkregengefahren- und Risikokarten. Dieser Datensatz an Karten zeigt die Gefahr des Oberflächenabflusses anhand der Überflutungstiefe und Fließgeschwindigkeit.
Das Schadenspotential von Starkregen ist räumlich nicht auf die Nähe von Flüssen begrenzt, wie dies beim Flusshochwasser der Fall ist. In den Talwegen und an kleinen, oft unscheinbaren Gräben und Bächen können sich Gefahrenhotspots bei einem Starkregenereignis befinden.
Die Simulation der Starkregengefährdung wurde mit dem Modell „FloodArea“ der Firma Geomer GmbH unter Federführung des Ingenieurbüros EEPI Luxemburg berechnet. Das Modell wird in zahlreichen Projekten deutschlandweit eingesetzt und koppelt eine Niederschlag-Abfluss-Modellierung an die 2D-Simulation des Oberflächenabflusses. Der in FloodArea implementierte Ansatz ist im wesentlichen Sinne eine vereinfachte zweidimensionale hydraulische Modellierung und wurde für die Berechnung von Überschwemmungsbereichen entwickelt. Das Modell gibt Fließtiefe, Fließgeschwindigkeit sowie Fließrichtung für definierbare Zeitschritte aus. Bei der räumlichen Auflösung des Modells wurde als optimaler Kompromiss zwischen Rechenaufwand, Datenverfügbarkeit und Präzision eine Rasterbreite von 2x2 Meter gewählt.
Die daraus resultierende Gefahrenkarte informiert anhand einer Matrix über die potentielle Gefahr aus Ausdehnung, Tiefe und Geschwindigkeit der Abflüsse und Überschwemmungen während einem Starkregenereignis. Hierfür wurde ein 100-jährlicher Starkregen mit einer Dauer von 1 Stunde angenommen. Dies zur Vergleichbarkeit mit dem Ereignis des 22.7.2016 an der Weißen Ernz, was auch einem 100-jährigen Niederschlagsereignis entsprach. Oberflächenabflussberechnungen für die gesamte Landesfläche sind äußerst rechenintensiv und bedürfen einer Vielzahl an Daten. Nichtsdestotrotz fehlen kleinere Strukturen, wie z.B. Durchlässe oder Mauern, in den Eingangsdaten, welche einen starken Einfluss auf das Abflussgeschehen haben, das Wasser umlenken und die Gefahrensituation verändern. Aus diesem Grund haben wir uns in einer Plausibilisierungphase an die Gemeinden gewandt, um diese mit ihrer genauen Ortskenntnis zu beteiligen um möglichst plausible Karten rechnen zu können. Mit Hilfe von Gefahrenkarten wird erkennbar, wo in einer Gemeinde konkrete Gefahren und Risiken im Falle eines Starkregens entstehen könnten und schafft eine Grundlage auf dessen die Gemeinden ihre individuelle Gefahrenlage einschätzen und bewerten können. So können Schäden verringert bzw. Schutzmaßnahmen geplant werden. Die Risikokarte informiert über die potentiell betroffene Landnutzung und den darauf stattfindenden wirtschaftlichen Aktivitäten sowie sensible Orte und Gebäude. Aus Überschneidung der Gefahr mit der dort herrschenden Vulnerabilität erhält man schnell einen Eindruck über das tatsächliche Risiko und den damit verbundenen Handlungsbedarf.
Im Gegensatz zu den Hochwasserkarten haben die Starkregenkarten keinen gesetzlichen Rahmen. Sie sollen vielmehr als Sensibilisierungsmaßnahme verstanden werden. Es geht in erster Linie darum, den Handlungsbedarf zu erkennen, Maßnahmen zur privaten und kommunalen Vorsorge zu entwickeln und diese zum Schutz der Bevölkerung umzusetzen.
Für mehr Informationen, melden Sie sich über: flashfloods@eau.etat.lu.
Allgemeine Informationen zur kommunalen Starkregenvorsorge
Förderungen für Starkregenvorsorgeprojekte
Starkregenvorsorgeprojekte können bis zu 100% für Machbarkeitsstudien und bis zu 90% für Umsetzungsstudien durch staatliche Förderungen durch den Fonds de la gestion de l’eau unterstützt werden (Artikel 65 §1 (k) de la loi modifiée du 19 décembre 2008 relative à l’eau).
Schritte um Starkregenvorsorge in ihrer Gemeinde zu beginnen
Eine der zentralen Aufgaben der Wasserverwaltung ist es den Ausgleich zwischen Nutzungsansprüchen, Nachfragen und dem langfristigen Dargebot des Wassers sicherzustellen. Dieses Ziel muss natürlich auch unter Berücksichtigung von Klimawandel und Landnutzungsänderungen erreicht werden können. Aus EU-Wasserrahmenrichtlinie, Richtlinien zu Biotopschutz, Erneuerbare Energien oder gemeinsame Agrarpolitik ergeben sich hier natürlich Spannungsfelder. Es empfiehlt sich daher, vor der „Demande de Prise en charge“ ein Beratungsgespräch mit den Regionalbüros der Administration de la gestion de l’eau zu suchen. Hierbei sollen sämtliche Anforderungen an ein lokales Starkregenvorsorgekonzept, sowie Wissen und Erfahrungen von Ortskundigen und lokalen Rettungsdiensten zusammengetragen werden. Darauf aufbauend können Konzepte, zielführender und auf die lokalen Gegebenheiten angepasst, entworfen werden. Innerhalb dieser Konzepte sollen Maßnahmen ausgearbeitet werden, die im Spannungsfeld der nachhaltigen Entwicklung, am zielführendsten das Risiko langfristig minimieren. Diese können dann, anhand von Aufwand-Nutzen-Betrachtungen, priorisiert umgesetzt werden.