Trotz vieler positiver Maßnahmen im Naturschutz : Die Situation der Habitate und der Tier- und Pflanzenarten in Luxemburg verschlechtert sich rapide

Der Präsident des Observatoire de l’environnement naturel François Benoy ist in seinem Urteil eindeutig: „Der derzeitige Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume, der wildlebenden Pflanzen- und Tierarten ist in hohem Maße besorgniserregend. Wenn wir nicht schnellstmöglich Gegenmaßnahmen ergreifen, werden viele Tier- und Pflanzenarten auch in Luxemburg in den kommenden Jahren aussterben.“

 

Eine alarmierende Situation

 

Zu diesem Urteil kommt das Observatoire de l’environnement naturel angesichts des aktuellen nationalen Berichts des Erhaltungszustandes von Lebensräumen und Arten, der alle sechs Jahre auf wissenschaftlicher Grundlage vorgenommen wird. Europäische Richtlinien sehen diesen Bericht in allen EU-Mitgliedsländern zwingend vor. Die Ergebnisse 2013-2018 wurden am 9. September 2020 vom Observatoire de l’environnement naturel der Presse vorgestellt.

 

Demnach ist die Situation in Luxemburg mittlerweile alarmierend: Zwei Drittel der natürlichen Lebensräume sind in einem „unzureichenden“ bzw. „schlechten“ Erhaltungszustand. Nur bei einem Drittel kann man noch von einem „günstigen“ Zustand sprechen. Insbesondere Feuchtgebiete, aber auch viele Habitate des Offenlands (z.B. Flachlandmähwiesen) sind immer seltener in einem guten Zustand. Bei den wildlebenden Tier- und Pflanzenarten ist die Situation noch dramatischer: 80% sind in einem prekären Erhaltungszustand. Gerade jene Arten, die Offenland-Habitate oder Feuchtgebiete bewohnen, sind am meisten gefährdet: Fledermäuse, Schmetterlinge, viele Amphibien und alle Arten, die auf sauberes Wasser angewiesen sind (wie etwa die Bachmuschel).

 

Abschied von Raubwürger & Co

 

Insbesondere bei den Vögeln ist die Entwicklung besorgniserregend: Mehr als ein Viertel der in Luxemburg heimischen Arten verzeichneten in den letzten Jahren einen dramatischen Rückgang ihrer Populationen oder sind bereits ausgestorben. Als Beispiele kann man hier das noch vor wenigen Jahren weit verbreitete Rebhuhn nennen oder auch den Raubwürger.

 

Die aktuelle intensive landwirtschaftliche Produktionsweise steht leider immer noch mit Abstand an erster Stelle, wenn es um die Verantwortung für diese rapide Verschlechterung geht, gefolgt von der Zersiedelung und Verbauung der Landschaft sowie der Veränderung der natürlichen Systeme. Diese drei Bereiche machen einen Großteil der Einflüsse aus, die die natürliche Umwelt unter Druck setzen. Der Klimawandel hingegen zeigt heute noch verhältnismäßig wenige Auswirkungen. Seine Bedeutung steigt jedoch von Jahr zu Jahr.

 

Klare Forderungen, um die Entwicklung aufzuhalten

 

Das Observatoire de l’environnement naturel verlangt vor diesem Hintergrund einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise, wie gewirtschaftet wird, – es gilt mit und nicht gegen die Natur zu arbeiten. Hier steht denn auch eine intensive Landwirtschaft mit ihren hohen Dünger- und Pestizideinträgen, sowie einem hohen Viehbesatz in der Hauptverantwortung. Für die Landwirtschaft gilt es, schnellstens auf eine umweltfreundliche Produktion umzuschalten. Dazu gehört etwa die Einführung einer Gemeinwohlprämie für eine pestizidfreie Landwirtschaft ohne hohen Einsatz von Kunstdünger, eine obligatorische Nährstoffbilanzierung und einhergehend die Abschaffung aktueller biodiversitätsschädigenden Subventionen.  Außerdem müssen Naturschutzgebiete ausgeweitet werden, landwirtschaftliche Nutzflächen erhalten bleiben, und dem Landverbrauch und der Verstädterung müssen Einhalt geboten werden.

 

Insgesamt wünscht sich das Observatoire von der Regierung, dass Naturschutz endlich als ressortübergreifendes Anliegen anerkannt wird und dass bei allen Investitionen und politischen Entscheidungen dem Naturschutz Rechnung getragen wird. Als erste Schritte verlangt das Observatoire heute die konsequente Umsetzung des nationalen Naturschutzplanes und eine schnellstmögliche Umsetzung des Naturschutzpaktes auf Gemeindeebene um den aktuellen Biodiversitätsverlust für Luxemburg zu stoppen. Die Zeit drängt.

 

Kontakt:

observatoire@mev.etat.lu

Zum letzten Mal aktualisiert am